Energie

Die Gemeinde Furth nimmt eine Vorreiterrolle bei der nachhaltigen Erzeugung, Nutzung und dem Bewusstsein in den erneuerbaren Energien ein. Die Gemeinde ist gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern ständig bestrebt diese Vorreiterrolle auszubauen und damit das Ziel der bilanzierten Energieautarkie zu erreichen. Der Schwerpunkt liegt aktuell in der Energieeinsparung. Hier haben wir die Chance die 100 % wenn alle mithelfen zu erreichen. 

Gemeinde Furth schafft Energie-Transparenz - Monitor und Kompass für Nachhaltigkeit

Ein Blick genügt. Mit einer Visualisierung der örtlichen Energiesituation schafft das Bayernwerk für Städte, Märkte und Gemeinden Transparenz und Orientierung. Der Energiewendemonitor zeigt den richtigen Kurs in die lokale Energiezukunft. Was nach Vision klingt, ist in Furth auf dem Weg zur Wirklichkeit. Furth, Altdort und Schrobenhausen zählen zu den Pilot-Kommunen, die mit dem Bayernwerk den Energiewendemonitor entwickelt. Das Unternehmen stellte nun dem Further Bürgermeister Andreas Horsche den Entwicklungsstand vor.

Es ist längst kein Geheimnis. Die Energiezukunft ist dezentral. Nachdem die erste Phase der Energiezukunft durch den Zubau Erneuerbarer Energien gekennzeichnet war, prägen immer mehr die Bedürfnisse der Energiekunden die Zukunft der Energieversorgung. Zudem geht es immer mehr darum, grüne Energie so lokal wie möglich zu nutzen. Kommunen spielen daher eine zentrale Rolle als lokaler Energiemarkt von morgen. Die zunehmende Vielfalt der Möglichkeiten und die Schnelligkeit der Veränderung sind jedoch eine große Herausforderung. Um den richtigen Kurs einzuschlagen, braucht es vor allem Transparenz über die örtliche Energiesituation. „Mit unserem innovativen und digitalen Produkt des Energiewendemonitor können wir diese Transparenz schaffen“, betonte Dr. Alexander Fenzl, der beim Bayernwerk die strategische Ausrichtung und die Entwicklung neuer Produktwelten verantwortet. Für Kommunen biete dieses Produkt Kursbestimmung und damit einen entscheidenden Mehrwert. Der Netzmonitor Bayernwerk visualisiert für Bürger und Kommunen die komplexen örtlichen Energiesituationen. Durch eine online einsehbare Plattform, ein sogenanntes Dashboard, schafft der Netzmonitor auf leicht verständliche Weise einen Überblick zu Erzeugung, Einspeisung und örtlichem Energieverbrauch. Damit sind Kommunen in der Lage, ihren jeweiligen Autarkiegrad zu ermitteln: Wieviel Strom wird aktuell in der Kommune erzeugt – wieviel wird verbraucht und wieviel kommt aus dem vorgelagerten Stromnetz. Der Energiewendemonitor rückt die Energielandschaft der Kommune in den Mittelpunkt. „Wir schaffen so auch bei den Bürgerinnen und Bürgern Verständnis über die örtliche Energiesituation, eine wichtige Basis für weitere Entwicklungen. Klare Handlungsoptionen lassen sich nachvollziehbar aus der gewonnenen Transparenz ableiten. Für die Kommune ist der Monitor damit auch ein Managementsystem für den weiteren Ausbau der lokalen Energiezukunft“, erklärte Bürgermeister Harald Horsche. Das Zielbild des Bayernwerks und des Marktes Furth ist ein ganzheitlicher, lokaler Energiemarkt mit visueller Darstellung individueller Energieerzeugung.

Link zum Netzmonitor (Simulation) 

 

 

1996 wurde mit den Wahlen der Einsatz erneuerbarer Energien sozusagen „offiziell“. Es wurde mit Planung und Bau des Hackschnitzelheizwerks Furth begonnen, das den Kern der Further Energieversorgung mit erneuerbaren Energien bildet und die ganze Ortsmitte mit Wärme versorgt: die Volksschule, das Gymnasium, das Kloster, den Kindergarten, die Krippe und den Hort, das Dorfzentrum, das Rathaus, das Altersheim, das Betreute Wohnen, verschiedene Gewerbebetriebe und ca. 40 Wohnhäuser.
Für die Leistung von 800 kW werden im Jahr etwas über 1.000 Tonnen Hackschnitzel gebraucht, ausschließlich naturbelassen und weitgehend aus der Region. Das Heizwerk war die erste Anlage in Bayern, bei der ein Hackschnitzelkessel, eine Solaranlage und eine Kondensation zur Wärmerückgewinnung kombiniert wurden. Die Anlage wird von einem breiten Bündnis aus etwa 40 Landwirten, Energieabnehmern, Waldbauernvereinigung, Gemeinde und Landkreis betrieben und wurde wegen seines Pilotcharakters vom Staat gefördert. Trotzdem war es anfangs schwierig, Abnehmer für die Wärme zu gewinnen, da zu diesem Zeitpunkt die Anlage einen höheren Wärmepreis erforderte als die einzelnen Ölversorgungen. Mit dem Leitbild „Furth – ein Platz an der Sonne“ musste umfassende Aufklärungsarbeit erfolgen. Heute gehört der Wärmepreis zu den günstigsten in der Region und eine entsprechend positive Einschätzung erfährt die Anlage.

1998 wurde – sozusagen um das Heizwerk herum – von der Fachhochschule Weihenstephan eine umfassende Potenzialstudie erneuerbarer Energien für die ganze Gemeinde erstellt. Die Folge des äußerst positiven Ergebnisses war, dass der Gemeinderat 1999 als erstes Gremium im Deutschland das Ziel einer 100 %-Versorgung mit erneuerbaren Energien beschloss. Ökologie und Ökonomie stets gleichberechtigt zu betrachten, wurde bis heute ohne Ausnahme eingehalten. Die Akteure des Further Energieprogramms sind die Bürgerinnen und Bürger, die sozialen- und Bildungseinrichtungen, die Gewerbetreibenden und Landwirte, die Banken und die Gemeinde. Als eher steuerschwache Gemeinde ist Furth dabei weitgehend auf die Finanzierung der Energieanlagen durch die Privaten angewiesen. Diese spielen auch im Further Energiekonzept eine überragende Rolle. Die Aufgabe der Gemeinde ist dabei hauptsächlich eine umfassende Information, Koordination, Werbung, Leitbildentwicklung und Vorbildfunktion. Eine Mitmach- und Anerkennungskultur ist weit entwickelt und neben ökologischen und ökonomischen Aspekten die stärkste Motivation zum Dabeisein im Sinne der Bürgergesellschaft, die ihre Angelegenheiten selbst in die Hand nimmt.

Wie sehen Umsetzung und Umsetzungsgrad in Furth jetzt im Jahr 2015 aus? Es werden aktuell über 80 % der Wärme und 80 % des Stroms erneuerbar in der Gemeinde erzeugt. Da Furth zu den windschwächsten Gegenden in Bayern zählt und über keine Wasserkraft verfügt – was ja derzeit die häufigsten und wirtschaftlichsten Formen erneuerbarer Energien sind – beruht die Versorgung in der Gemeinde auf folgenden 6 Säulen:

  • Große Hackschnitzelanlage mit 800 kW-Ofen und Kondensationsanlage. Erzeugung jährlich etwa 3.000 MWh mit über 1.000 Tonnen naturbelassenen Hackschnitzeln weitgehend aus der Region. Verteilernetz über 2 km. Im Januar 2013 wurde das Hackschnitzelheizwerk mit einer Holzgasanlage erweitert. Hackschnitzel werden in Holzgas umgewandelt. Dieses wird 2 Motoren zugeführt. Es werden 90 kW Strom und 200 kW Wärme erzeugt. Der Strom geht ins Netz, die Wärme ergänzt die Wärmeerzeugung im Heizwerk.
  • Kleine moderne Hackschnitzel-, Pellet- und Stückgutanlagen in großer Zahl. Sehr viele Nachrüstungen bei Erneuerung der Heizung. Standard bei Neubau (neben Anschluss an die zentralen Anlagen oder Kleinwärmepumpen).
  • Zweites Nahwärmesystem im Ortsteil Schatzhofen auf Biogasbasis. Kraft-Wärme-Kopplung mit Wärmeversorgung von derzeit zehn Häusern. Elektrische Leistung 370 kW. Beschickung mit Gülle, Grünroggen, Mais, Sedangras. Zukünftig vermehrt Gras aus Landschaftspflege geplant (siehe auch „Integriertes und interkommunales Wasserprojekt sichert die gemeindliche Energieversorgung“, Grasproduktion).
  • Sonnenkollektoren zur Warmwasserbereitung und Heizungsunterstützung. Über 3.000 qm, also theoretisch etwa 1 qm je Einwohner/in).
  • 5.000 kWp Photovoltaikanlagen. Ausschließlich Kleinanlagen auf den Dächern oder Hausfassaden, keine Freiflächenanlagen. Mit mehr als 400 Anlagen die höchste PV-Dichte je Einwohner in Deutschland. Jeder dritte Haushalt betreibt eine PV-Anlage. Jahresertrag über 4.000.000 kWh.
  • Energiesparen als bedeutendste Säule im Further Energiekonzept. Eigene Energiesparberatung für alle Bürgerinnen und Bürger. Die Straßenbeleuchtung wurde in 2015 an 231 Brennstellen auf energiesparende LED umgerüstet damit konnte der Energieverbrauch der Straßenbeleuchtung um ca. 80 % gesenkt werden. Dies war vor allem möglich, da Bürgerinnen und Bürger sich über eine Mietkauflösung an der Umrüstung beteiligen konnten. Alle Brennstellen konnten verkauft werden. Die Gemeinde mietet nun über 5 Jahre die Brennstellen von den Bürgern zurück und refinanziert durch die Energieeinsparungen die Umrüstung. Als Nebeneffekt wird seitens der Bürger die Umrüstung positiv begleitet. Denn es ist jetzt "meine Lampe" die da draußen die Straße beleuchtet. Das schafft Identität mit der Energiewende.
    2010/11 wurde eine neue 6-gruppige Kinderkrippe mit Hort in teilweiser Holzbauweise fast als Passivhaus errichtet. Restlich geringe Wärmeversorgung mit Hackschnitzeln (über Heizwerk). 60-kWp Photovoltaikanlage erzeugt mehr Strom als verbraucht wird.

In wenigen Jahren werden bei der Versorgung mit Energieholz aus der Gemeinde und Region Engpässe auftreten, wenn nicht Vorsorge getroffen wird. So bedecken Wälder in der Gemeinde Furth nur 18 % der 21 qkm. Zudem soll wertvolles Holz auch eher der stofflichen Nutzung zugeführt werden. Auch in den umliegenden Orten hat ein Bauboom kleinerer und mittlerer Anlagen eingesetzt.

Gehölzschnitt nutzen
In einem ersten Schritt wurden daher die Bürgerinnen und Bürger dafür sensibilisiert, dass sie ihren in den Gärten in großer Menge anfallenden Gehölzschnitt nicht mehr im Freien verbrennen, sondern einer sinnvollen Nutzung zuführen. In einer jährlich stattfindenden mehrtägigen Aktion wird dieses Material von vielen Helfern des Gartenbauvereins mit Unterstützung der Gemeinde zu Hackschnitzeln verarbeitet. Dazu kommt das Material von Hecken und Landschaftselementen von Gemeinde und Privaten, das früher mangels Verwertbarkeit nicht gewonnen wurde und somit eine „Vergreisung“ mit entsprechender ökologischer Verarmung zur Folge hatte.

Hochwasserschutz, Biodiversität und Energiewald verbinden
Das nächste Projekt war die Zusammenführung von Energiepflanzen, Hochwasserschutz und Schaffung von Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Es wurde vor ca. fünf Jahren eine ehemalige Acker- und Wiesenfläche (1,5 ha) zur Hochwasserschutzfläche naturnah ausgebaut und gestaltet, sowie von Vereinen, Schulkassen und Jugendgruppen mit einigen tausend Weiden, Erlen, Eschen, Haseln und Holundern bepflanzt. Der Holzertrag geht ebenfalls an das Heizwerk und deckt mittelfristig weit mehr als die Unterhaltskosten. Auch hier wird sehr genau auf die gleichzeitige Beachtung von Ökonomie und Ökologie gesehen.

Ausgehend von den hierbei gewonnenen Erkenntnissen wurde die letzten drei Jahre ein weiteres Projekt entwickelt: Wir nennen es integriertes und interkommunales Wasserprojekt. An den kleinen Fließgewässern (nur solche gibt es in Furth) werden beidseitig 10 bis 20 m breite Randstreifen dem Projekt zugeschlagen. Im Süden erfolgt eine Bepflanzung mit Mittelwald und schnell wachsendem Energiewald, im Norden wachsen Gras und andere in Biogasanlagen verwertbare Pflanzen unter besonderer Berücksichtigung sowohl ökologischer als auch ökonomischer Aspekte.
Hier wird versucht, verschiedene Bereiche gleichberechtigt in einer Maßnahme umzusetzen: Hochwasserschutz, Beendigung der Eintiefung der Bäche als Folge der Flurbereinigung vor 40 Jahren, Gewässerrenaturierung, Verhinderung oder Begrenzung von Bodeneintrag in die Gewässer, Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, spürbarer Beitrag zur Schaffung des Further Biotopverbundes und der Biodiversitätsstrategie von Bund und Land, Verbesserung der Wasserspeicherfähigkeit der Böden, Reinigung des Wassers, Verbesserung des durch die Flurbereinigung geschädigten Landschaftsbildes und Hackschnitzelerzeugung durch Mittelwald und schnell wachsenden Energiewald. Der Ertrag aus Mittel- und Energiewald soll und wird längerfristig das ganze Projekt finanziell tragen. Zur Mitarbeit konnten verschiedene Ämter gewonnen werden: Wasserwirtschaftsamt Landshut, Regierung von Niederbayern, Landratsamt Landshut und Amt für ländliche Entwicklung Landau, auch das Landwirtschaftsamt Landshut. Für wissenschaftliche Begleitung und Untersuchungen besteht seit Jahren eine sehr enge Verbindung zur Fachhochschule Weihenstephan, die für alle drei Gemeinden schon verschiedene Aufgaben und Programme durchgeführt hat. Um die Mitwirkung der betroffenen Landwirte, Grundstücksbesitzer und Anlieger wurde schon geworben, Tauschgrund wurde gekauft und für das freiwillige Flurbereinigungsverfahren bereitgestellt. Schon seit längerer Zeit gibt es eine breite Information über das gemeindliche Informationsblatt, Gemeinderatssitzungen, Besichtigungsfahrten und Berichte in den Medien Tageszeitung und Rundfunk. Die Resonanz ist sehr positiv. Ein Teil des Projektes wird deshalb von den Gemeinden selbst umgesetzt werden, ein erheblicher Teil aber auch von den derzeitigen Grundstücksbesitzern, meist Landwirten, die die Chancen eines zweiten finanziellen Standbeins als „Energiewirt“ durchaus erkannt haben.